BUCH: So sollt ihr leben (1897)

Autor: 

Sebastian Kneipp

In der Kneipp´schen Urfassung

Der Einfluss des Lichtes auf die Gesundheit des Geistes und des Körpers
(…) einem solch prächtigen Saale gleicht nun die Schöpfung, wenn sie vom Lichte der Sonne beleuchtet ist. Sie erscheint dann in ihren ganzen Größe und Schönheit. (…) Würde aber einmal die Sonne einige Wochen gar nicht mehr auf und niedergehen, welche Folgen müßte dieses für die ganze Schöpfung haben! Wie erst würde es mit der Gesundheit und selbst mit dem Leben desselben aussehen?
Betrachte man nur eine Pflanze, die an einem dunklen Orte oder im Keller gewachsen ist, wo nur spärliches Licht eindringen konnte! Sie sieht ganz verkümmert aus, blass ist die Farbe, ungenießbar sind die Früchte, und wie leicht verwelkt sie! Man kann allgemein sagen:
Was am Sonnenlicht aufwächst, entwickelt sich gesund und kräftig; was in der Dunkelheit wächst, ist und bleibt verkümmert.
Ist es nicht auffallend, dass ein großer Teil der Pflanzen, besonders die Blumen, sich stets dem Sonnenlichte zuwenden? Die Sonnenblumen erwarten am Morgen die Sonne im Osten und bleiben ihr zugewandt, bis sie abends im Westen untergeht. Wieviele Blumen schließen am Abend ihren Kelch (…) Wenn aber am Morgen die Sonne kommt, dann öffnen sie sich wieder. Wie bei den Pflanzen, ähnlich ist es auch bei den Tieren. Schwindet das Tageslicht, dann verlangen sie nach Ruhe, kommt das Morgenlicht, so ist alles neu gekräftigt und neu gestärkt. 
(…) Wenn nun das Licht eine solche Macht auf die anderen erschaffenen Wesen ausübt, warum sollte es nicht auch besondere Einwirkung auf den menschlichen Körper und Geist haben? 
(…) Jeder Mensch fühlt die Wirkung des Lichtes, wie beim Aufgange, sowie bei Untergange der Sonne, doppelt aber fühlt sie der Kranke. Man kann die Vorteile des Lichtes und die Nachteile des Mangels an Licht an den Menschen leicht beobachten. (…) Es lässt sich mit Recht behaupten, dass Helle und Sonnenschein sehr dazu beitragen, eine gute Stimmung in Menschen hervorzubringen, somit auf Geist und Körper wesentlich einwirken. Es soll also das Möglichste getan werden, dass man der Helle und des Sonnenlichtes nichts entbehre und Aug und Körper werden in einem viel besseren Zustande sein. Wenn man aber, besonders in den Stätten, in Wohnstuben und Werkstätten kommt, wohin weder die volle Tageshelle noch auch das Sonnenlicht dringen kann, wie werden letztere genügend wirken können, um gesund und kräftig zu machen?
Ich empfehle den Hauptgrundsatz sehr zu beachten: Wer in der vollen Tageshelle und in dem schönsten Sonnenschein lebt und sich bewegt, wird das gesündeste Auge bewahren und den gesündesten Körper, soweit das Licht darauf einwirken kann. 
 
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