Nierenschäden durch Vitamin D? Die Widerlegung des Stern-Beitrages


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1) Die Quellen vorab:

Das ist der Beitrag im Stern:
https://www.stern.de/gesundheit/ueberdosis-vitamin-d--54-jaehriger-kanadier-erleidet-nierenversagen-8662742.html

Das ist die Publikation in einem kanadischen Journal:
http://www.cmaj.ca/content/191/14/E390

Das ist die Publikation als PDF:
http://www.cmaj.ca/content/cmaj/191/14/E390.full.pdf

Das ist der Autor:
https://www.researchgate.net/profile/Bourne_Auguste

Die Frage nach der Bedeutung dieser Publikation wurde auch in unserem Forum gestellt:
https://www.vitamindservice.de/node/3316

hier wurden die Fehler unkritisch weitergegeben:
https://www.kleinezeitung.at/lebensart/gesundheit/5609240/Nierenversagen_So-gefaehrlich-kann-eine-Ueberdosis-Vitamin-D-sein
 

2) Das behauptet der Autor der kanadischen Publikation:

Zitat: 

"Bei Patienten mit CYP24A1-Mutationen besteht möglicherweise ein erhöhtes Risiko für eine Vitamin-D-Toxizität, und Ärzte können einen Gentest in Betracht ziehen, wenn sich eine Vitamin-D-Toxizität mit Dosen von weniger als 10 000 IE pro Tag entwickelt.

Obwohl Vitamin-D-Toxizität selten ist, kann eine frühzeitige Erkennung chronischer Komplikationen im Zusammenhang mit Hyperkalzämie vorbeugen.

Bei Patienten, die symptomatisch sind, wird empfohlen, die Einnahme von Nahrungsergänzungen zusammen mit der Behandlung mit Glukokortikoiden einzustellen. In Fällen, in denen eine Glukokortikoidtherapie nicht bevorzugt oder kontraindiziert ist, sind Ketoconazol oder Hydroxychloroquin sinnvolle Alternativen."
 

3) Die Entgegnung der Vitamin D-Experten: (engl. Original im Anhang)

"Fehlerhafte Wahrnehmung bei der Suche nach der Ursache einer Vitamin-D-Toxizität"

  • die falsche These der Publikation

Der von Auguste et al. (1) berichtete Patient litt an einer Vitamin-D-Vergiftung aufgrund eines zugrunde liegenden pathologischen Zustands, den die Autoren nicht erkannt hatten. Sie schlugen zu Unrecht den Schluss, dass eine tägliche Dosis von 8000 bis 12.000 IE zu einer Vitamin-D-Vergiftung führen kann.
  • unproblematischer Vitamin-D-Spiegel von 96 ng/ml

Vitamin D-Toxizität tritt im Allgemeinen auf, wenn der Gehalt an 25-Hydroxyvitamin D über 375 nmol / l (150 ng / ml) liegt. (2) Dieser Patient hatte ein 25-Hydroxyvitamin D von 241 nmol / l (nur 96 ng / ml). Diese Konzentration wird gemäß der Clinical Practice Guideline der Endocrine Society als innerhalb des normalen Grenzwerts (30 - 100 ng / ml) betrachtet. (3)
  • Die Wahrheit: 10 000 Vitamin D  täglich ist untoxisch

Die Einnahme von 10.000 IE / Vitamin D3 erhöht die Blutspiegel von 25-Hydroxyvitamin D auf über 100 ng / ml alleine, war noch nie mit Hyperkalzämie assoziiert. (4) Bevölkerungsstudien berichteten auch, dass Tagesdosen von bis zu 20.000 IE nicht mit Toxizität assoziiert waren. (2)
 
  • Der Autor irrt, denn er glaubt, dass aktives Vitamin D bei normalem Parathormon so hoch steigen könnte

1,25-Dihydroxyvitamin-D3-Spiegel sind bei Patienten mit Vitamin-D-Intoxikation mit Hyperkalzämie nicht erhöht, wegen der Unterdrückung des Parathyroidhormons, das die renale Umwandlung von 25-Hydroxyvitamin D zu 1,25-Dihydroxyvitamin D reduziert. (2,3)
 
  • Wenn das Parathormon normal ist, dann liegt die Störung woanders

Die hohen Gehalte an 1,25-Dihydroxyvitamin D3 und die Tatsache und dass die Autoren diese Behandlung mit Hydroxychloroquin beobachteten zu einem raschen Rückgang der zirkulierenden Spiegel von 1,25-Dihydroxyvitamin D3 geführt haben, hätte die Autoren auf die wahre Ursache stoßen müssen: Die wahrscheinliche Erklärung ist die unregulierte extrarenale Umwandlung von 25-Hydroxyvitamin D in 1,25-Dihydroxyvitamin D zurückzuführen ist. (Anders gesagt: Nicht die Niere hat Vitamin D aktiviert, weil dazu PTH nötig ist. Die Ursache liegt außerhalb der Niere: extra-renal = Tumor!)
  • Der Therapie-Erfolg beweist die den Fehler der Publikation

Die renale 25-Hydroxy-Vitamin-D-1-alpha-Hydroxylase (CYP27B1) ist nicht empfindlich gegenüber Hydroxychloroquin, Ketoconazol oder Glucocorticoiden, wie von den Autoren vorgeschlagen. Nur das extrarenale CYP 27B1 ist gegenüber diesen Medikamenten empfindlich.
  • Einseitige Ermittlungen - Krebs hat das Calcium gesteigert !

(4) Die Autoren haben mit bildgebenden Studien "bescheidene" (im Klartext: gar keine) Anstrengungen unternommen, um granulomatöse Störungen (Sarkoidose) auszuschließen. Die Autoren schätzen den Befund des Patienten mit einem Urothelialkarzinom (Blasenkrebs) jedoch nicht richtig ein. Es ist bekannt, dass solche Tumore mit einer Vitamin-D-Toxizität assoziiert sind, die mit einer unregulierten extrarenalen Umwandlung von 25-Hydroxyvitamin D zu 1,25-Dihydroxyvitamin D zusammenhängt: Vergiftung und Nierenversagen und nicht die Dosis von Vitamin D. (5) (Ein extrem hohes Calcium ist meist durch Krebsgewebe verursacht. Vitamin D scheidet als Ursache aus. 
 

4) Folgerungen:

  • Das ist der Fall: Ein Mann mit Blasenkrebs hat Nierenprobleme durch ein hohes Calcium "Hypercalciämie"
  • Der Blasenkrebs wurde entfernt. Die Nieren erholten sich auf ein Kreatinin von 2,44 mg/dl
  • Vitamin D kann nicht die Ursache sein, weil das Parathormon nicht erhöht war.
  • Die Ursache war der Blasenkrebs, der die Eigenschaft hatte, das Calcium im Blut zu steigern.

Daher muss nach diesem Bericht niemand Angst vor Vitamin D haben. Über die Aktivierung von Vitamin D ist der Körper in der Lage, Schlimmeres zu verhindern, nämlich den Tod durch eine metastasierte Krebserkrankung. Angemessene Therapie der Hypercalciämie ist die Gabe von Cortison, was zu einer kompletten Erholung der Niere führen kann. In diesem Fall wurde es leider falsch gemacht. 

Mehr dazu: 

https://www.vitamindservice.de/ursache-sarkoidose

 

Anhang: engl. Original-Text - Michael Holick ist unter den Autoren!


CMAJ

RE: Misconception for the cause of vitamin D toxicity


Nipith Charoenngam, MD, Postdoctoral research fellow, Section Endocrinology, Diabetes, Nutrition and Weight Management, Department of Medicine, Boston University School of Medicine

Other Contributors:

Arash Hossein-Nezhad, MD, PhD, Research Assistant Professor, Medicine, Section Endocrinology, Diabetes, Nutrition and Weight Management, Department of Medicine, Boston University School of Medicine

David A. Hanley, MD, FRCPC, Professor Emeritus, Department of Medicine, Community Health Sciences, and Oncology, Cumming School of Medicine, The University of Calgary

Michael F. Holick, PhD, MD, Professor, Medicine, Section Endocrinology, Diabetes, Nutrition and Weight Management, Department of Medicine, Boston University School of Medicine

12 April 2019

The patient reported by Auguste et al (1) suffered from vitamin D intoxication due to an underlying pathologic condition that the authors failed to recognize. They incorrectly concluded that a dose of 8000-12,000 IUs daily can result in vitamin D intoxication. Vitamin D toxicity generally occurs when the level of 25-hydroxyvitamin D is over 375 nmol/L (150 ng/mL).(2) This patient had a 25-hydroxyvitamin D of 241 nmol/L (96 ng/mL). This concentration is considered to be within the normal limit (30 – 100 ng/mL) according to the Endocrine Society’s Clinical Practice Guideline.(3) Ingestion of 10,000 IU/d of vitamin D3 raising blood levels of 25-hydroxyvitamin D above 100 ng/mL was not associated with hypercalcemia.(4) Population studies also reported doses of up to 20,000 IUs daily was not associated with toxicity.(2) 1,25-dihydroxyvitamin D3 levels are not increased in patients with vitamin D intoxication with hypercalcemia, because of the suppression of parathyroid hormone reducing renal conversion of 25-hydroxyvitamin D to 1,25-dihydroxyvitamin D.(2,3) The high levels of 1,25-dihydroxyvitamin D3, and the fact that the authors observed that treatment with hydroxychloroquine resulted in a rapid decline in circulating levels of 1,25-dihydroxyvitamin D3 should have alerted the authors that the likely explanation is due to the unregulated extrarenal conversion of 25-hydroxyvitamin D to 1,25-dihydroxyvitamin D. The renal 25-hydroxy vitamin D-1 alpha-hydroxylase (CYP27B1) is not sensitive to hydroxychloroquine, ketoconazole or glucocorticoids as suggested by the authors. Only the extrarenal CYP 27B1 is sensitive to these medications.(4) The authors made a modest effort with imaging studies to rule out granulomatous disorders. However, the authors did not appreciate the patient’s previous history for urothelial carcinoma which has been reported to be associated with vitamin D toxicity associated with unregulated extrarenal conversion of 25-hydroxyvitamin D to 1,25-dihydroxyvitamin D. This was the likely cause for his intoxication and renal failure and not the dose of vitamin D.(5)

References

1.    Auguste BL, Avila-Casado C, Bargman JM. Use of vitamin D drops leading to kidney failure in a 54-year-old man. Canadian Medical Association Journal. 2019;191(14):E390.
2.    Holick MF. Vitamin D Is Not as Toxic as Was Once Thought: A Historical and an Up-to-Date Perspective. Mayo Clinic Proceedings. 2015;90(5):561-4.
3.    Holick MF, Binkley NC, Bischoff-Ferrari HA, Gordon CM, Hanley DA, Heaney RP, et al. Evaluation, treatment, and prevention of vitamin D deficiency: an Endocrine Society clinical practice guideline. J Clin Endocrinol Metab. 2011;96(7):1911-30.
4.    Adams JS, Hewison M. Extrarenal expression of the 25-hydroxyvitamin D-1-hydroxylase. Archives of biochemistry and biophysics. 2012;523(1):95-102.
5.    Asao K, McHugh JB, Miller DC, Esfandiari NH. Hypercalcemia in upper urinary tract urothelial carcinoma: a case report and literature review. Case reports in endocrinology. 2013;2013:470890-.

Competing Interests:
N.C. and A.S declare no competing interests. M. H. is a consultant for Quest Diagnostics Inc. and Ontometrics Inc, and on the speaker’s Bureau for Abbott Inc. D. H. has received research funding from Pure North S’Energy Foundation.
 

Keywords:

Kritik, Vitamin D, www.vitaminDKritik.de, Kanada, Canada, canadisch, Intoxikation, Niere, Vitamin D Toxizität, 25- Hydroxyvitamin D, Hypercalcämie, Michael Holick
 

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