BUCH: Die RACHITIS des Schädels (1901)

Autor:
Professor Dr.  David Hansemann 

Aus dem Inhalt:

Wenn ich im Folgenden über die rachitischen Schädelveränderungen der Affen berichten möchte, so geschieht es nicht nur deshalb, weil mir besonders interessante Specimen zur Verfügung stehen, sondern weil ich glaube, dass man daraus manche wertvollen Schlüsse auf die RACHITIS der Menschen ziehen kann. Es wird indessen zunächst notwendig sein zu beweisen, dass die Veränderungen, die diesen Untersuchungen zu Grunde liegen, wirklich rachitischer Natur sind. Dieser Beweis ergibt sich aus der Betrachtung der Skelette solcher Tiere.
(...) Junge Tiere d.h. solche, die noch nicht in den Zahnwechsel eingetreten sind und die einige Monate und länger in Zoologischen Garten gehalten waren, schonten beim Klettern und Springen zunächst die Hinterbeine. Schließlich hörte der Gebrauch derselben ganz auf und sie rutschten bei der Fortbewegung auf dem Gesäß, indem die Beine nach vorne, hinten oder nach der Seite standen und auf dem Boden schleiften. Auch dann wurden noch Kletterversuche mit den Armen ausgeführt. In schweren Fällen traten die Arme außer Gebrauch und die Tiere lagen dann platt auf dem Bauch. Man kann sich leicht überzeugen, dass es nicht Lähmungen sind, die den Nichtgebrauch der Extremitäten bedingen, sondern Frakturen und Infraktionen der Röhrenknochen, die das Aufsitzen unmöglich machen, vielleicht sind es auch Schmerzen, die die Tiere am Gebrauch ihrer Extremitäten hindern. (...)
In diesem Stadium gehen die Tiere oft zu Grunde, z.T. an inneren Krankheiten, Pneunomien, Durchfällen und Tuberkulose, oder sie erliegen einer Inanition, wegen Erschwerung der Nahrungsaufnahme. 
In vielen Fällen kann man auch am Kopfe deutliche Veränderungen wahrnehmen, indem das Gesicht monströs anschwillt, der kurze Oberkiefer sich dick vorwölbt, das Öffnen des Mundes erschwert ist undd das lebhafte Mienenspiel der Affen ganz verschwindet. Der Rücken ist nicht selten nach Art eines Katzenbuckels gebogen. (...) Die Epiphysen sind meist stark angeschwollen. Der rachitische Rosenkranz tritt dadurch weniger klinsch hervor, weil er sich mehr nach innen hin entwickelt und dabei erst bei der anatomischen Untersuchung deutlich wird. 
(...) Und ich kann versichern, dass die Sectionen durchaus ein Bild ergeben, wie bei der RACHITIS des Menschen. Abgesehen von der häufigen Tuberkulose findet man derbe zellige lobuläre Pneunomien, folliculäre Katarrhe des Dünndarms, häufig Gehirnödem mit leichter Erweiterung der Ventrikel, zuweilen Vergrößerung der Milz.

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