Gibt es irgendeine Arznei, die Strahlenschäden abschwächen kann?


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Vitamin D als natürliches Zellschutz-System 

Autor: Dr. med. Raimund von Helden

1) Die Problemstellung

Das Erdbeben der Stärke 9,0 in Japan und der nachfolgende Tsunami vom 11. März 2011 haben großes Leid über die Menschen in Japan gebracht. Diesen obdachlosen, verletzten und traumatisierten Menschen gilt unser Mitgefühl. Doch die Katastrophe ist auch jetzt 2018 noch nicht zum Stillstand gekommen.

Die ganze Welt blickte damals nach Fukushima in Japan: Würden die Techniker vor Ort es in den nächsten Tagen und Wochen schaffen einen nuklearen Brand mit einer Verseuchung im globalen Stil zu verhindern? Immerhin waren bei 6 Reaktoren die Kühlsysteme ausgefallen, zwei sind in eine Kernschmelze übergegangen explodiert. Was können Ärzte dieser biologischen Katastrophe entgegen setzen?

2) Die Methoden

Jodid als Antwort?

Stets wird die Einnahme von Jodid genannt. Zum Zeitpunkt des Tschernobyl –Unglücks 1986 habe ich diese Tabletten meiner Familie gegeben. Der Mechanismus ist simpel. Durch die Zufuhr von „gutem“ Jod werden die radioaktiven Jod131-Atome von einer Bindung  an die Jod-Rezeptoren der Schilddrüse wettbewerbsartig verdrängt. Dieser Mechanismus schützt aber nur vor Jod, nicht aber vor dem radioaktiven Gemisch verschiedenster Atome, die schon jetzt durch die japanische Luft fliegen.

Stammzellen als Antwort?

Es ist möglich, dass einige Arbeiter in der Reaktor-Anlage eine "tödliche" Strahlendosis bekommen. In der Medizin kennen wir das von der Knochenmarks- Transplantation: das kranke, vom Leukämie befallene Knochenmark wird "tödlich" bestrahlt. Anschließend werden die Stammzellen eines passenden Spenders übertragen.

Wenn die Japaner gut informiert wären, hätten sie diesen Mechanismus zur Rettung nutzen können. Vor der Abfahrt zum Einsatzort muß bei den Arbeitern so verfahren werden, wie bei einem Spender für Knochenmark. Mit einem speziellen Medikament werden die Stammzellen mobilisiert, sodass sie in der Blutbahn erscheinen. Dort werden sie mit aufwendigen Methoden herausgefiltert. Kommt es dann im Einsatz zur tödlichen Strahlendosis, so kann das eigene Knochenmark zurück transfundiert werden. So hat also jeder der todesmutigen Arbeiter eine Chance auf ein Leben nach der tödlichen Bestrahlung.

Genregulation als Antwort?

Gibt es neben den Maßnahmen der Abschirmung und der Rücktransfusion des eigenen Knochenmarks irgendeine medizinische Methode, die wir der Schädigung durch Strahlung entgegensetzen können? Hierbei denke ich an die japanische Bevölkerung im Krisengebiet, aber auch an die Helfer des deutschen THW die sich diesen Risiken aussetzen. Der Organismus der einer radioaktiven Bestrahlung ausgesetzt ist, bräuchte eine Art Ampelsystem, um alle Prozesse der Zellvermehrung zu stoppen. Wo die mutagenen Strahlen einwirken, sollten die Gene nur im geringsten erforderlichen Umfang abgelesen und neu geschrieben werden. Sonst könnte es unter dem täglichen Beschuss zu einer besonders hohen Fehlerquote beim Schreiben neuer Gene kommen. Mutationen würden dann in die Programme des Köpers eingebaut und alle möglichen Krankheiten würden heraufbeschwört. Bestrahlung begünstigt leider nicht nur Krebs, auch eine beschleunigte Alterung und ein Versagen von Reparaturmechanismen sind typische Folgen.

Denken wir nach: Ein solcher Mechanismus, der bei einer „Bestrahlung“ hingeht und die Zellen in Ihrem Eifer bremst wurde in Millionen Jahren der Evolution entwickelt. Es findet sich bei allen Tieren und auch beim Menschen: Das Vitamin D-System gegen die elektromagnetischen Strahlen der Sonne. (2,3,4,6) Dieses System ermöglicht es über das aktivierte Vitamin D-Hormon hunderte von Genen abzuschalten. So wird im täglichen Zyklus bei einem funktionierenden Vitamin D-System am Tage das Kopieren der Daten gestoppt und im Schutz der Nacht wieder gestartet. So wie eine Datensicherung am PC  vernünftiger Weise nach Feierabend laufen sollte, niemals in der Hektik des Tages. Diese Schutzfunktion des Vitamin D- Hormons Calcitriol ist besonders interessant.

verschiedene Strahlungen

Die Frage ist, in wie weit das Vitamin D-System, das gegen die Einwirkung von UV-Licht ausgelegt ist, auch die Folgen einer nuklearen, also "ionisierenden" Bestrahlung entschärfen kann. Mit diesem Gedanken habe ich mich auf die Suche begeben.

3) Das Ergebnis: 

experimentelle Bestätigung des Schutzeffektes:

Schon im Jahre 2003 konnte eine Studie der Bundeswehr nachweisen, dass  Hautzellen mit Vitamin D-Hormon (aktives Vitamin D) vor den Schäden mit ionisierenden Strahlen geschützt wurden (9). Auch Vitamin D-Analogformen bewirken dies (8). Bestätigt wurde dies 2005 durch eine Studie in der Türkei an den Hautzellen von Ratten (7). Hier wurde aber nicht einmal das aktive Vitamin D eingesetzt, sondern normales Vitamin D3. Die Ratten erhielten ein Strahlendosis wie sie beispielsweise für Kindern mit Leukämie angewendet wird: 20 Gray. Schon die Gabe von nur 0,2 ug Vitamin D, also gerade einmal 8 (acht!) i. Einheiten Vitamin D3 bewirkte einen signifikanten Schutz der Haarfollikel.

der Nachweis

Im Jahre 2008 konnten  auch israelische Forscher diesen Mechanismus experimentell bestätigen: Calcitriol, (aktives Vitamin D) schützte  Hautzellen vor den Schäden mit ionisierenden Strahlen. Auch die Saarländer Gruppe um Prof W. Tilgen und Jörg Reichrath von der Uni Homburg /Saar sahen jetzt 2010 bei einem Zellexperiment einen Schutz der Hautzellen durch Calcitriol bestätigt.

4) Die Folgerungen für die Betroffenen:

Es gibt nur wenig medizinische Maßnahmen, die man einer Verstrahlung entgegensetzen kann, beispielsweise Jodid. So ist jeder kleine Beitrag zur Minderung von Strahlenschäden von Bedeutung. Die Gabe von Vitamin D oder des Vitamin D-Hormons sind vom Wirkungsmechanismus und von den experimentellen Ergebnissen her geeignet, Strahlenschäden zu mindern.

Der schützende Effekt von Vitamin D gegen UV-Strahlen der Sonne ist unstrittig. Der Effekt gegen auch die Strahlenschäden durch brennende Atomreaktoren ist trotz schmaler Datenlage logisch und eindeutig.

Wie von Hayes DP (2008) vorgeschlagen wurde, könnte Vitamin D mit seinen präventiven/verbessernden Wirkungen zu den wichtigsten (wenn nicht den primären) nicht-pharmakologischen Wirkstoffen gehören, die Schutz vor subletalen, geringen Strahlenschäden und insbesondere vor strahleninduziertem Krebs bieten.

(siehe Bild oben)

Dieser Effekt des aktiven Vitamin D sollte systematisch genutzt werden. Dies ist dann umso dringender, da bei der Mehrheit der Bevölkerung ein winterlich nachweisbarer Mangel an Vitamin D vorliegt (10). Die einwandfreie Verträglichkeit des Vitamin D3 erlaubt eine standardisierte Abgabe in einer Dosis von mindestens 5mg (200.000 Einheiten) an alle Betroffenen im Gebiet des nuklearen Fallout. Ein Vitamin-D-Spiegel von 100 ng/ml, die mit dem Vitamin-D-Rechner zu erreichen ist, könnte einen wirksamen Schutz darstellen.


Literatur:

1: Trémezaygues L, Seifert M, Vogt T, Tilgen W, Reichrath J.

1,25-dihydroxyvitamin D3 modulates effects of ionizing radiation (IR) on human...

keratinocytes: in vitro analysis of cell viability/proliferation, DNA-damage and

-repair. J Steroid Biochem Mol Biol. 2010 Jul;121(1-2):324-7. Epub 2010 Mar 7.

PubMed PMID: 20214987.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=20214987

2: Sage RJ, Lim HW. Therapeutic Hotline: Recommendations on photoprotection and vitamin D. Dermatol Ther. 2010 Jan;23(1):82-5. Review. PubMed PMID: 20136911.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=20136911

3: Diehl JW, Chiu MW. Effects of ambient sunlight and photoprotection on vitamin

D status. Dermatol Ther. 2010 Jan;23(1):48-60. Review. PubMed PMID: 20136908.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=20136908

4: Lim HW, Sage RJ. Photoprotection and vitamin D. Dermatol Ther. 2010

Jan;23(1):1. PubMed PMID: 20136903.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=20136903

5: Langberg M, Rotem C, Fenig E, Koren R, Ravid A. Vitamin D protects

keratinocytes from deleterious effects of ionizing radiation. Br J Dermatol. 2009

Jan;160(1):151-61. Epub 2008 Aug 19. PubMed PMID: 18717671.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=18717671

6: MacNeal RJ, Dinulos JG. Update on sun protection and tanning in children. Curr

Opin Pediatr. 2007 Aug;19(4):425-9. Review. PubMed PMID: 17630607.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=17630607

7: Baltalarli B, Bir F, Demirkan N, Abban G. The preventive effect of vitamin D3

on radiation-induced hair toxicity in a rat model. Life Sci. 2006 Feb

28;78(14):1646-51. Epub 2005 Nov 28. PubMed PMID: 16316664.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=16316664

8: De Haes P, Garmyn M, Verstuyf A, De Clercq P, Vandewalle M, Vantieghem K,

Degreef H, Bouillon R, Segaert S. Two 14-epi analogues of 1,25-dihydroxyvitamin

D3 protect human keratinocytes against the effects of UVB. Arch Dermatol Res.

2004 May;295(12):527-34. Epub 2004 Mar 20. PubMed PMID: 15042383.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=15042383

9: Meineke V, Pfaffendorf C, Schinn M, Tilgen W, Mayerhofer A, Dimitrijevic N,

van Beuningen D, Reichrath J. Modulation of X-ray-induced apoptosis in human

keratinocytes (HaCaT) by 1,25-dihydroxyvitamin D3. Recent Results Cancer Res.

2003;164:427-32. PubMed PMID: 12899540.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=12899540

10: Hintzpeter B, Mensink GB, Thierfelder W, Müller MJ, Scheidt-Nave C. Vitamin D status and health correlates among German adults. Eur J Clin Nutr. 2008

Sep;62(9):1079-89. Epub 2007 May 30. PubMed PMID: 17538533.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=17538533

11.

https://de.wikipedia.org/wiki/Chronologie_der_Katastrophe_in_Japan_von_2011
12.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nuklearkatastrophe_von_Fukushima
13.
Hayes DP: The protection afforded by vitamin D against low radiation damage. Int J.Radiation Vol.5, No. 4, 2008

 


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