BUCH: Spezielle Pathologie und Therapie / Rachitis und Osteomalacie (1903)

Autor:

Prof. Dr. Vierordt in Heidelberg

Aus dem Inhalt:

RACHITIS und OSTEOMALACIE:

Befund des Skeletts bei Rachitis:
An den langen Röhrenknochen fällt eine beträchtliche Verdickung der Epiphysen und der knorpeligen Enden der Diaphysen auf. (...) Das Periost der Diaphyse ist hyperämisch und verdickt und unter demselben sitzt eine Schicht schwammigen, brüchigen, (...) Gewebes. Hyperhämisch ist auch das Knochenmark und sind die Verkalkungszonen an den Diaphysenenden und in den Epiphysen. 
Die groben Veränderungen des Skeletts:
(...) An den langen Röhrenknochen fällt stets abgesehen von einer Verwaschenheit ihrer Knoturen, die Verdickung der Diaphysenenden und der Epiphysen auf (...) 
(...) Difformität im Sinne einer Übertreibung ihrer normalen Krümmung zeigt ferner die Clavicula, sie trägt auch gar nicht selten etwa in ihrer Mitte eine Knickung mit starker Verdickung.
An den Rippen finden sich Knorpelwucherungsstellen, da wo die vorderen knorpeligen Rippen sich an die knöchernen ansetzen.
An der Wirbelsäule gibt die Weichheit der Wirbelkörper und Zwischenwirbelbandscheiben im Vereine mit einer gewissen Schlaffheit der Bänder Veranlassung zu mannigfachen Verkrümmungen.
(...) Eigentümliche Veränderungen erleidet das Becken. (...) Das Ergebnis ist meist ein platt-rachitisches Becken: kleine an den Rändern gewulstete Beckenschaufeln mit starker Ausladung nach den Seiten und daher nach vorne auseinanderklaffend, ferner ein in das Becken hineingesunkenes flaches oder sogar nach innen convexes Kreuzbein, ein weiter Schambogen und etwas nach vorne gerichtete Acetabula sind dessen hauptsächliche Merkmale. Bleiben die Beckenknochen in ihrer Größenentwicklung erheblich zurück, so entsteht ein abnorm kleines Becken mit allgmein verengten Lumen, dabei kann dasselbe bei gleichzeitger Verkrümmung der Wirbelsäule unsymetrisch (schräg verengt) werden. Endlich führt eine sehr hochgradige Weichheit der Knochen in seltenen Fällen zu der pseudo - osteomalcischen Beckenform, bei welcher das obere Kreuzbein von hinten her, die beiden Pfannengegenden von seitswärts weit in das Beckeninnere hineindrücken. Alle diese Abweichungen von der normalen Form, haben bekanntlich beim weiblichen Geschlecht besondere Bedeutung mit Rücksicht auf spätere Schwangerschaft und Geburt.
(...) Am Schädel bleiben die flachen Knochen der Schädeldecke im Wachstum zurück, während das Gehirn wächst und die Folge ist eine späte Schließung und Verknöcherung der Nähte und Fontanellen. Dabei sind die Nahtränder der Knochen abnorm weich und dünn. 
Veränderung an anderen Organen:
(...) Die gesamte Muskulaturwird nicht selten auffallend schlaff und blass gefunden. auch reichlich Züge von interstitiellen Fetteinlagerungen kommen öfter vor.
(...) In den Lungen findet man stets krankhafte Veränderungen, Bronchitis der größeren und besonders auch der feineren Bronchien, Atelektase, Brochopneumonien. 
(...) Am Ciruculationsapparat ist meist nichts auffälliges zu erkennen, nur das gelegentlich eine abnorme Schlaffheit und Blässe, und auch fettige Degeneration des Herzmuskels zur Beobachtung kommt. 
(...) Auffällig ist eine mäßige Hyperplasie der Milz, welche in manchen Leichen rachitischer Kinder getroffen wird. Die Hyperplasie betrifft meist alle Teile des Milzgewebes (...)

Seite 16, bis 25