HEFT: Spätrachitis (in der Nachkriegszeit) und Konstitution (1921)

(Ein Beitrag zur Ätiologie und Erkrankung)
aus der Zeitschrift für Konstitutionslehre

Autor:
Dr. Hans Neuberger

Aus dem Inhalt:

Die erste Mitteilung über die derzeitigen Hungererkrankungen des Sklelettsystem, und zwar über Osteomalacie stammt von Edelmann in Wien aus dem Jahre 1919. Nachdem einmal die Aufmerksamkeit der Wiener Ärzte auf diese Erkrankung gelenkt war, folgten zahlreiche Publikationen und auch Vorstellungen von Kranken in verschiedenen Wiener medizinischen Gesellschaften (Wassermann, Schlesinger, Schiff u.a.)
Die Mehrzahl der Erkrankungen betraf Frauen im oder nahe dem Senium, die Beteiligung des männlichen Geschlechtes war relativ gering. Schiff sah unter 350 Fällen zwei Drittel Frauen. Die Erkrankung wurde fast allgemein als als osteomalacieähnliches Krankheitsbild aufgefasst, das mit der schlechten unzureichenden einseitigen Ernärung der Wiener Bevölkerung in irgendeinem Zusammenhange stehen musste.
(...) Auch vereinzelten Veröffentlichungen österreichischer Autoren, geht zwar hervor, dass auch bei uns ein Auftreten von Spätrachitis neben der herrschenden Osteomalacie - Epidemie beobachtet wurde.
(Seite 15)

Zusammenfassend möchte ich die Ergebnisse meiner Untersuchungen folgendermaßen formulieren:

  1. Bei der jetzt herrschenden Spätrachitisepidemie sind Störungen von Seiten des endokrinen Systems fast regelmäßig anzutreffen mit gleichzeitiger Entwicklungshemmung der sekundären Geschlechtscharaktere und der allgemeinen Körperentwicklung zu sein.
  2. Die Vorraussetzung (...) für die Erkrankung dürfte eine primär vorhandene konstitutionelle Anomalie des Betroffenen Individuums sein. Erst sekundär kommen als auslösende Ursachen qualitative Nährschäden, und zwar an Kalk-Phosphor und besonders Vitaminen armen Nahrung bei gleichzeitiger verstärkter Inanspruchnahme der Widerstandskraft und vermehrter gesamtleistung des Organismus zur geltung (Wachstumsperiode, schwere Arbeit ect.)

(Seite 40)