HEFT: Rachitisverhütung (1942)

Gemeinverständliche Darstellung des Wesens, der Verbreitung, Erkennung und Verhütung der "ENGLISCHEN KRANKHEIT" 

Autor:
Dr. med. E. Wentzler
Kinderarzt

Aus dem Inhalt:

Geschichtliches über RACHITIS
Die Krankheit (...) wurde zum ersten Male im Jahre 1650 von einem englischen Arzt namens Franzis Glisson beschrieben. Deshalb nennt man sie auch bei uns heute noch im Volke "englische Krankheit". Als man im 17. Jahrhundert die Rachitis - wobei das Wort "RACHITIS" auf eine erkrankte Wirbelsäule hindeuten soll - in Holland und Frankreich und später auch im übrigen Europa feststellte, glaubte man zunächst, dass es sich um eine Seuche handelte, die von England ihren Ausgang genommen hätte.
Dem ist aber nicht so. Es handelt sich nicht um eine ansteckende Krankheit, wie bei Seuchen, sondern um eine Stoffwechselerkrankung, die ungeheuer weit verbreitet ist und deren sichtbare Auswirkungen vorzugsweise das Knochensystem und darunter besonders die Wirbelsäule betreffen.
An Hand zahlreicher Skelettfunde alle aus Zeiten bis 1000 Jahre vor der Zeitenwende hat man rachitische Verbiegungen der Knochen feststellen können. Es war mit der allmählichen Erkennung der englischen Krankheit so, wie es oft im Leben ist; wird der Blick erst einmal auf bestimmte Dinge hingelenkt, dann werden in der Folgezeit Beobachtungen gemacht und scheinbar Neues entdeckt, was in Wirklichkeit schon immer bestand, aber bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Beachtung fand. Nun sah man plötzlich, was man früher nicht erkannte oder anders deutete im Neuen Licht der RACHITIS. Aber es dauerte beinahe drei Jahrhunderte, bis man die ganze Tragweite und Bedeutung des Problems RACHITIS erfasste, ihre eigentlichen Ursachen erforscht hatte und schließlich die Mittel und Wege fand, auf welche man heute, ohne allzu großer Optimist zu sein, die Hoffnung setzen darf, dass sie genügen werden, um bei rechtzeitiger und allgemeiner Anwendung dieser furchtbaren Volkskrankheit endlich Herr zu werden.