BUCH: Vitamine und Mangelkrankheiten (1943)

Ein Kapitel aus der menschlichen Ernährungslehre

Die Vitamin-Mangelkrankheiten oder Avitamininosen

Autor:
Dr. Hermann Rudy 

Aus dem Inhalt:

Das antirachitische Vitamin D:

Zwischen den Vitaminen A und D besteht eine gewisse Ähnlichkeit. So liegt z.B. auch der RACHITIS-Schutzstoff in unserer Nahrung meist als Provitamin vor und geht erst im Körper in das eigentliche Vitamin über. Der Vorgang verläuft allerdings anders als bei den Provitaminen A. Diese werden enzymatisch, das Provitamin D hingegen durch kurzwelliges Licht umgewandelt. Da diese Lichtstrahlen nicht tief in den Körper hineindringen, kann diese Umwandlung nur in der Haut geschehen. Die Natur hat dem dadurch Rechnung getragen, dass das Provitamin in der Haut gespeichert wird. Das fertige Vitamin D kommt - zusammen mit dem A-Vitamin - vorwiegend in den Leberölen von Seefischen vor, so beim Dorsch, Heilbutt und Thunfisch. Außerdem findet man es in größerer Menge in den inneren Organen des Herings und der Sprotte. Auch das Fluß - Neunauge ist D-reich.
Die Leber der Landtiere ist im Vergleich zu Fischlebern Vitamin-D-arm. Gemüse und Obst enthalten so gut wie nichts. Die Pflanzen enthalten dafür aber oft bedeutende Mengen an Provitamin, und wie beim A-Vitamin sind sie auch hier als normale D-Quelle besonders wichtig. Hervorzuheben sind Pilze und Hefe.
Der Gehalt der tierischen Produkte Eier und Milch hängt, wie auch bei den übrigen Vitaminen, stark von der Ernährung der Tiere ab. Beide enthalten viel Provitamin neben wenig fertigem Vitamin D. Doch die beste Butter ist 100 - bis 200 mal D-ärmer als ein guter Lebertran. Der Vitamin-D-Vorrat der Fischleber stammt wiederum aus den Kiesalgen des Meeres. 

(Seite 94 - 95)

Als Hauptmerkmal der RACHITIS haben wir die Störung des Phosphat - und Kalkstoffwechsels kennengelernt. Da dieser durch die Zufuhr von Vitamin D behoben wird, unterliegt es keinem Zweifel, dass dem Vitamin D die Aufgabe zukommt, diesen Mineralstoffwechsel in der richtigen Bahn zu halten.
Dazu gehört in erster Linie die Verhinderung einer ungenutzten Ausscheidung von Calcium - und phosphorsauren Salzen und die Aufrechterhaltung des gegenseitigen Mengenverhältnis von Ca und P im Organismus. Wir schließen dies daraus, dass die relative Phosphorverarmung des rachitischen Tieres (Ca : P = 4 : 1 statt 4 : 4) durch Vitamin D behoben wird. 

(...)Wesentlich gesicherter erscheinen unsere Erkenntnisse über das Zusammenwirken von Vitamin D mit dem Schilddrüsenhormon. Beide können sich in gewisser Weise ergänzen. So wird z.B. die Wirkung geringer Vitamin-D-Dosen durch Thyroxin verstärkt und andererseits kann D-Vitamin die beim Fehlen von Thyroxin aufeinandertretenden Ausfallerscheinungen mehr oder wenig vollständig beheben.

(Seite 108 - 109)