BUCH: Lebensstoffe unserer Nahrung (1935)

Autor:
Dr. med. et phil. Gerhard Benzmer

Aus dem Inhalt:

Da kommt ein deutscher Arzt mit Namen Hudschinsky in dem schlimmen Jahre 1919 auf den Gedanken, seine rachitischen kleinen Patienten dem Lichte einer Quarzlampe auszusetzen, die vornehmlich ultraviolette Strahlen ausschickt. Kein Mensch weiß, woher dem Berliner Kinderarzt diese Eingebung gekommen ist, sie erweist sich jedenfalls als ein göttlicher Gedanke, denn schon nach wenigen Bestrahlungen bessert sich der Zustand der Kinder, und nach zweimonatiger Behandlung sind sie gesund, ihre Knochen vom eingelagerten Kalk fest geworden.
Ultravilotte Strahlen, die den Knochenstoffwechsel beeinflussen? Die Kunde dringt über das Weltmeer, Harry Steenbock vernimmt sie, und sofort fällt ihm sein Ziegenversuch wieder ein. An Ratten, die durch entsprechende, aus reinem Eiweiß, Fett und Stärke bestehende Nahrung rachitisch gemacht wurden, prüft er die Wirkung der Ultraviolettbestrahlung nach; und siehe da; in jedem Falle lassen sich die kranken Tiere durch die Quarzlampe in kurzer Zeit heilen. Inzwischen kommt aus England die Nachricht, dass sogar die Bestrahlung des leeren Käfigs genüge, um die alsdann wieder dorthin verbrachten rachitischen Nager gesunden zu lassen. Kein noch so gelehrter Forscher weiß für diese an Zauberei grenzenden Dinge eine Erklärung, bis sich in Steenbock Hirn wie von ungefähr die Zusammenhänge aneinanderreihen. Er stellt sich den Vorgang der Käfigbestrahlung in Gedanken wieder her und legt sich die (...) eigentlich recht naheliegende Frage vor: Ist vielleicht das Rattenfutter bei der Bestrahlung in den Käfigen verblieben; und ist etwa der Einwirkung des Ultraviolettlichtes auf das Futter die geheimnisvolle, angeblich von den bestrahlten Käfigen ausgehende Heilwirkung zuzuschreiben? Sofort wird die Probe aufs Exempel gemacht: Zwei Gruppen von jungen Ratten erhalten genau die gleiche Rachitiskost, nur das bei der einen Gruppe zuvor das Futter mit der Quarzlampe bestrahlt wird, bei der anderen nicht. Und was man vermutet hatte, erweist sich als richtig: die mit bestrahltem Futter ernährten Ratten sind springlebendig und gedeihen prächtig, während die andere Gruppe mit allen Zeichen der Rachitis erkrankt. (...) Die verschiedensten, an sich gegen die englische Krankheit völlig unwirksamen Nahrungsmittel gewinnen unter den Strahlen der Quarzlampe eine ähnliche Wirksamkeit, wie sie dem Lebertran inne wohnt. 
(...) hier genügt also die Bemerkung, dass die biologische Nachprüfung das von Windaus gefundene aufs glänzenste bestätigt: Setzt man das Ergosterin ultravioletten Strahlen aus, so genügt eine tägliche Gabe von sage und schreibe 0,15 Millionenstel Gramm des bestrahlten Stoffes, um eine ausschließlich mit Rachitis-Kost ernährte Ratte vor jeder Knochenerkrankung zu schützen.
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