BUCH: Kinderkrankheiten und Entwicklungsstörungen (1989)

Autor:
Dr. med. Otto Wolff * 1921

  • Forschungsrichtung: Biochemie
  • Dozent am medizinischen Seminar der Lukas-Klinik (Arlesheim/Schweiz)
  • Waldorf-Institute of Mercy College in Detroid (USA)

Aus dem Inhalt:

Als RACHITIS bezeichnet man eine Säuglingskrankheit, die sich am auffälligsten durch ungenügende Festigkeit und sogar durch Verbiegen der Knochen zeigt; der Bauch ist stark vorgewölbt und die Muskulatur schwach entwickelt und in einer Art dauernder Spannung. Die Kinder sind matt, schlaflos und reizbar; sie bleiben in der Entwicklung zurück und sind anfällig für katarrhalische Erkrankungen wie Schnupfen, Bronchitis und Durchfall.
Als tiefere Ursache liegt eine Stoffwechselstörung vor, genauer gesagt, eine mangelnde Fähigkeit zur Verkalkung. Im Laufe der Entwicklung müssen sich ja die Knochen durch Kalkeinlagerung verfestigen und auch die anderen Gewebe straffer werden. Natürlich ist es naheliegend zu meinen, dass dann mit einer Zufuhr von Kalk die Krankheit zu beheben sei, das ist aber überhaupt nicht der Fall. Der Organismus kann damit gar nichts anfangen! Vielmehr besteht gerade ein Unvermögen, Kalk richtig aufzunehmen und damit umzugehen. Erst in den letzten Jahrzehnten gelang es, diese Vorgänge genau zu erforschen und entsprechend zu beeinflussen.
Noch um die Jahrhundertwende war die Rachitis eine schwere Volksseuche, an der Kinder zu Grunde gingen oder verunstaltet wurden. Durch gesteigerte Wohnhygiene, Verbesserung der Ernährung und zusätzliche ärztliche Maßnahmen konnten die schwersten Formen dieser Krankheit zum Verschwinden gebracht werden.
Womit hängt diese Schwäche des Organismus, mit dem Kalk nicht richtig umgehen zu können, zusammen und was kann man dagegen tun?
Seit über 100 Jahren ist bekannt, dass Lebertran die krankhaften Veränderungen in kurzer Zeit heilen kann. Obwohl die Verwendung um die Jahrhundertwende der Bevölkerung in größeren Maße zugänglich gemacht wurde, scheiterte der Erfolg oft an dem Geschmack. Für viele Kinder war das tägliche Einflößen von Lebertran eine seelische Qual. 
Andererseits bemerkte man, dass Licht, vor allem Ultraviolettbestrahlung der Höhensonne, RACHITIS heilen kann. Der alte Name "Englische Krankheit" für RACHITIS kommt daber, dass die Krankheit vor allem in England auftrat, wo sie durch mangelnde Sonneneinstrahlung und schlechte Wohnverhältnisse begünstigt wurde.

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